Politik

Aus für`s Hochhaus ? Vorerst NEIN !

Erster Teilerfolg gegen den vom Oberbürgermeister präferierten geplanten Abriss des Sangerhäuser Hochhauses.

DDR Ansichtskarte mit Hochhaus von 1968

DDR Ansichtskarte mit Hochhaus von 1968

Sangerhausen.
Es ging auf der gestrigen Stadtratssitzung doch sehr eindeutig und vor allem positiv für das stadtbildprägende Hochhaus der Stadt Sangerhausen aus.

Hintergrund der Diskussion war ein Punkt auf der Tagesordnung, in der der Oberbürgermeister Strauß (SPD) in einer Beschlussvorlage den Jahresbericht zum integrierten Stadtentwicklungskonzept (ISEK) bestätigen lassen wollte. In diesem war der Abriss des Hochhauses in der Sangerhäuser Karl-Marx-Straße 48 als Entwicklungsziel ?! festgelegt.

Das ISEK, welches seit 1998 als Grundlage für städtische Entwicklungsplanungen und zur Umsetzung des Stadtumbaus in Sangerhausen genutzt wird, hat jedoch nur einen empfehlenden Charakter.

Die Inhaltliche Arbeit des ISEK wird von zwei Gremien, in denen u.a. die Wohnungsgesellschaften, die Stadtwerke und weitere Vertreter öffentlicher Institutionen unter Leitung der Stadtverwaltung Sangerhausen und dem Büro Stephan Westermann, Stadt- und Landschaftsplaner vertreten sind, geleistet.

In eben diesem Konzept, welches den StadträtInnen zur Absegnung als Beschluss vorlag, war die Entscheidung als Zielaussage manifestiert „Abriss des Hochhauses“!

Kaum jemand der Abgeordneten des Stadtparlamentes hatte es im Vorfeld der Beratungen bemerkt, da man das kleine ca. nur 5 qmm große rote Feld mit der Zielaussage Abriss Hochhaus auf den knapp 5o Seiten des ISEK schnell übersehen konnte.

Auf die Intervention der Linksfraktion, welche sich im Vorfeld mit der B.I.S. abgestimmt hatte, kam es jedoch schnell zu einer lebhaften Diskussion um dieses Papier und deren Inhalt und möglichen Auswirkungen.

Seit ziemlich genau 52 Jahren gehört das ca. 3o m hohe Hochhaus in der Karl-Marx-Straße 48 mit seinen 11 Etagen, auf einem der höchsten Punkte der Stadt Sangerhausen stehend, zu einem der wichtigsten stadtbildprägenden Objekte der Kreisstadt.

Zusammen mit der aktuell noch bestehenden, etwas mehr als 10 Jahre später gebauten elegant ausgeschwungenen Fußgängerbrücke, welche in den nächsten Wochen abgerissen werden soll, zierten beide Bauwerke eine größere Zahl an Postkarten aus der Stadt Sangerhausen, die in die weite Welt verschickt wurden.

Die Frage, die sich nun gestern dem Rat stellte, ob eine solche derartige Entscheidung quasi durch die Hintertür übernommen wird und damit dieses ISEK so abgesegnet werden solle oder ob man über eine solche Entscheidung, welche den besonderen stadtbildprägenden Charakter an dieser Stelle der Stadt radikal verändern würde, nochmals im Rat, auch im Interesse der Bürgerinnen und Bürger der Stadt, diskutiert werden solle.

Der Eigentümer des Hochhauses ist die städtische Wohnungsgesellschaft (SWG), welche eine 100-prozentige Tochter der Stadt Sangerhausen ist. Hier, so der Fraktionsvorsitzender der Linken im Stadtrat in seiner Rede: „ist nicht nur der Aufsichtsrat der SWG, sondern eben auch der Stadtrat Mitentscheider, um nicht zu sagen, dass dieser das letzte Wort über eine solche Entscheidung haben sollte.“

„Sicherlich“, so Hüttel weiter, „ ist aktuell, wie bei vielen Objekten der städtischen Wohnungsgesellschaft, der Investitionsstau enorm. Auch der Leerstand in den Gebäuden der Stadt Sangerhausen ist bekannt. Aber wenn es zum Abriss von Wohnblöcken in der Stadt, um die Leerstandsquote zu reduzieren kommen muss, sollten nicht stadtbildprägende Gebäude das Opfer sein.“

Die Werbung der SWG am Hochhaus “Wohnen mit Zukunft“ wirke bei dieser Vorlage für ihn wie ein Hohn.

Ebenfalls kritisch wurde die Nicht-Vermietung freigezogener Wohnungen und die mögliche Blockierung ggf. nach einen Investor zur Erhaltung des Hochhauses zu suchen, als der falsche Weg betrachtet.

Daher werbe er um ein eindeutiges Bekenntnis zu diesem Bauwerk aus dem Stadtrat heraus, um auch der Wohnungsgesellschaft (SWG) zu zeigen, dass nicht alles nur mit Zahlen und Renditen zu rechtfertigen wäre.

Hüttel betonte weiter: „ein abgerissenes Bauwerk und vor alles ein solches mit Symbolkraft ist ein für alle Zeiten nicht mehr existierendes Bauwerk. Dessen müssen sich alle bewusst sein. … Wenn dieser Stadtrat, welcher seit 1194 mit der Stadtrechtsverleihung existiert immer so schnell mit Abriss gewesen wäre, hätten wir heute kein historisches Rathaus, kein neues Schloss, keine historische Innenstadt, oder viele andere Bauwerke, welche uns Geschichte und damit Stadtgeschichte erlebbar machen lassen.“

Hüttel rief die StadträtInnen anschließend auf „Lasst uns daher auch unsere jüngere Baugeschichte, zu der auch die Bauten aus 40 Jahren DDR gehören, nicht völlig zerstören. Lasst uns nicht die gleichen Fehler machen, wie mit dem Springbrunnen auf dem Schützenplatz, in dem wir notwendige Reparaturen unterlassen, um dann abreißen zu können oder zu müssen.

Lasst uns gemeinsam nach Wegen und Möglichkeiten suchen, um dieses stadtbildprägende Hochhaus doch noch zu retten, im Interesse der Mieterinnen und Mieter und der Sangerhäuser Bevölkerung.“

Auf Antrag von Herrn Harald Koch (B.I.S.) wurde dann die Beschlussvorlage mit großer Mehrheit im Stadtrat dahingehend geändert, dass das Hochhaus in der Zielaussage von „Abriss“ in „Erhalt in Abhängigkeit der Nachfrageentwicklung“ geändert wird.

Damit ist sicherlich das Thema Hochhaus nicht vom Tisch und schon gar nicht sicher gerettet. Aber es ist ein erster Teilerfolg zum weiteren Bestehen diese Bauwerkes.




Hier können Sie das Integrierte Stadtentwicklungskonzept (ISEK) herunterladen (noch ohne die Änderung gem. Beschluss im Stadtrat: https://buergerinfo.sangerhausen.de/getfile.asp?id=18689&type=do
Dieser Artikel erschien zuerst am 08.07.2022 in der Mansfeller Zeitung.
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Holger Hüttel

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